Metamorphose des Inneren.

Metamorphose des Inneren.

Wir treten im Verlauf der Einheiten immer deutlicher in ein Verständnis ein, das uns zeigt, dass wahre Schöpfung im Inneren beginnt. Wir ahnen bereits, dass Licht, Reifung und schöpferische Kraft nicht Ergebnisse äußerer Kontrolle sind, sondern aus der Art entstehen, wie wir uns selbst wahrnehmen und unseren inneren Prozess gestalten.

Was wenn wir erkennen, dass Schöpferkraft kein Idealzustand aus makelloser Reinheit ist, sondern aus dem Bewusstsein, mit dem wir durchs Leben gehen, entspringt? Sie wäre dann die Fähigkeit, alles, was in uns auftaucht, in etwas Lebendiges zu verwandeln. <3

Einheit 35. Integrierte Schöpferkraft.

Impuls: Was bedeutet Schöpferkraft für mich ganz persönlich?
Aufgabe: Stelle dich vor einen Spiegel und sprich: Ich bin schöpferisch. Ich bringe Licht in die Welt. Notiere im Anschluss, was spontan und unzensiert aufsteigt.

Ich bin schöpferisch. Ich bringe Licht in die Welt. Die Idee, dass jeder Gedanke und jedes Gefühl, welche durch unser inneres System wandeln genauso ein Teil der persönlichen Schöpfung sind wie jede Handlung oder jedes Meisterwerk, das wir vollbringen, kommt nicht von mir. Aber daran muss ich denken. Schöpferkraft ist dann wahrscheinlich die zugrunde liegende Energie, die uns in unserem Handeln, Denken und Fühlen speist.

Wie sind dann negative konotierte Handlungen möglich? Vermutlich durch Verunreinigung? Oder gehören sie einfach genauso berechtigt zum Kanon dessen, was es auf dieser Welt der Dualität gibt? Können wir uns versöhnen mit dem, was wir als fehlerhaft gelernt haben? Etwas, das wir am liebsten im anderen bekämpfen und in uns selbst auch nur mit Mühe dulden können?

Ich bringe Licht in die Welt. So wünschen wir uns das. Aber das gelingt nicht immer, right? Manchmal sitzt du hinterm Steuern oder ich auf dem Rad. Und dann ärgern wir uns über Manöver, die aus der Reihe fallen. Aber irgendwie in der Situation unumgänglich waren. Manchmal machen wir platz und manchmal stellen wir uns extra bockig in den Weg. Beides ist okay.

Was macht das mit unserer Schöpferkraft? Schöpferkraft ist die Energie, die wir in die Welt tragen. Und wenn wir in uns eine bestimmte Qualität dieser Energie nähren können, dann fällt es uns leichter, sie auch nach außen hin zu verteilen, i guess. Das bringt uns dann wieder dahin, dass der innere Garten jener Ort ist, dem wir unsere Pflege angedeihen lassen sollten. In der Überzeugung, dass das maßgeblichen Einfluss auf unser Leben nehmen wird.

Schöpferkraft ist demnach etwas, das roh vorhanden ist und dessen Qualität wir beeinflussen können.

Ergänzende Symbolik.
Goethe und die zarte Empirie.

Goethe als Gestalt steht für die Vereinigung von innerer Erkenntnis und weltzugewandtem Schaffen. Seine Figur verkörpert die Idee, dass Wahrnehmung, Gefühl, Denken und schöpferische Tat nicht voneinander getrennt existieren, sondern sich gegenseitig durchdringen. Goethe sah die Welt als lebendiges Ganzes, als Organismus, in dem jede Entwicklung, also auch die innere, ein natürlicher Ausdruck des Lebensprinzips ist.

In diesem Sinne wird er zu einer Symbolfigur für den Menschen, der die eigene innerliche Verfeinerung nicht als Rückzug versteht, sondern als Voraussetzung dafür, dass sein Wirken im Außen authentisch, klar und wirksam wird

Übertrage auf die vorliegenden Notizen ist Schöpferkraft kein isolierter Funke, sondern ein Prozess, der sich entfaltet, wenn wir uns selbst erkennen. Jeder Gedanke, jede Geste, jede Reaktion, also auch die unvollkommene, trägt Teil an dieser Formkraft. Negative oder widersprüchliche Handlungen sind nicht Zeichen von Scheitern, sondern Hinweise auf Entwicklungsprozesse, die bewusst werden wollen. Goethe würde sagen: Sie gehören zur Metamorphose, die unser Inneres vollzieht. Was wir als Schatten interpretieren, ist in Wahrheit Material, das durch Bewusstheit veredelt werden möchte.

Jede Selbstbegegnung, jede Ehrlichkeit und jeder Moment von Klarheit hat eine Wirkung im Außen. So entsteht ein schöpferisches Feld, das aus der integren Bewegung des eigenen Wesens entspringt.

Welche innere Bewegung möchte heute bewusst Teil meiner Schöpferkraft sein?

Ich schätze es ist heute eher eine Bewegung in meine Mitte. Nichts, das nach Außen drängt sondern diese heute Erkenntnis im inneren integrieren will. Jede Regung ist Schöpferkraft. Und wenn ich genährt und ruhig in meiner Mitte weile, dringt auch nur nach Außen, was in Sanftmut zum Leben beiträgt. Ich versöhne mich mit der Unruhe, die sich zwischen mich und das Leben gestellt hat. Ich erkenne ihren Wert. Ich nehme diese Erkenntnis bewusst als Teil meiner Schöpfung wahr.

Ich erkenne weiterhin an, dass es gelegentlich nötig ist, Abstand zu mancherlei Energien und Dynamiken zu nehmen, um ganz unvermittelt im Kern zu agieren. Eine Regung, die sich dem Außen zuwendet, in dem sie sich abgewandt hält.

Wo in meinem Leben erlebe ich eine Metamorphose, bei der ich mein altes Selbst loslassen darf, um in eine neue Form zu wachsen?

An jedem Tag präsentieren sich Facetten. Sie sind und dürfen sein. Diese permanente Idee des Loslassen wird mir zunehmend fragwürdig. Ich gehe mit dem Wort des Zulassens. Denn erst was wirklich ungehindert sein darf, kann doch seine Arbeit verrichten und vergehen. Der Druck, permanent etwas ändern zu müssen, erzeugt nicht nur Stress sondern auch Widerstand.  Meine Metamorphose wird zu einem Prozess des Zulassens. Eine sich ewiglich verändernde Form, die nicht mehr im Widerstand erstarrt, sondern der Lebendigkeit des Wandels folgt.

Wie verändert sich die Qualität meines Wirkens im Außen, wenn ich meiner inneren Landschaft mit mehr Fürsorglichkeit und Wahrhaftigkeit pflege?

Ist die Quelle genährt, spricht auch das Handeln von Fülle.

Wir erleben wiederholt, dass wahrhafte Entwicklung nicht geradlinig verläuft, sondern ein lebendiger Prozess ist, der sich wie alles Organische entfaltet. Wir spüren, dass Schöpferkraft nicht erst dort beginnt, wo alles licht und harmonisch ist. Sie wirkt in jedem Moment, in jeder Regung unseres Bewusstseins.

Wir begreifen, dass es unser waches Erkennen ist, das die Qualität von Licht und Schatten stimmig zusammenführt. Nicht indem wir sie separieren, sondern indem wir sie anschauen und durchdringen. So erinnern wir uns daran, dass Schöpferkraft nicht eine bestimmte Stimmung ist. Kein Idealzustand und keine makellose Reinheit. Sie ist das Bewusstsein, mit dem wir durchs Leben gehen. Sie ist die Fähigkeit, alles, was in uns auftaucht, in etwas Lebendiges zu verwandeln.

Wir sehen nun klarer: Jede Einsicht verfeinert uns, jede Erfahrung erweitert uns, jede innere Bewegung lässt uns reifer werden. Wir wachsen nicht, indem wir perfekt werden, sondern indem wir wahrhaftig werden. Und je tiefer wir diese Wahrheit anerkennen, desto unaufgeregter leuchtet das Licht, das wir in die Welt bringen.