Das Unbekannte empfangen.

Das Unbekannte empfangen.

Tag 23. Das Unbekannte empfangen.

Impuls: Bin ich bereit, Geschenke des Lebens zu empfangen, auch wenn sie ungeplant sind?
Aufgabe: Schließe für einen Moment die Augen und atme tief ein. Beim Einatmen sprich innerlich: „Ich lasse Kontrolle los.“ Beim Ausatmen: „Ich empfange, was zu mir will.“ Wiederhole dies sieben Atemzüge lang. Dann öffne langsam die Hände, als würdest du etwas Unsichtbares empfangen, und spüre, ob ein Bild, ein Gefühl oder ein Wort in dir aufsteigt. Notiere, was sich dir zeigt.
Ergänzung: Finde ein Symbol in deinem Setting, greife es inhaltlich auf und deute es dem Kontext entsprechend.

Im ersten Moment habe ich einige Augen gesehen, die mich erblickt haben. Ich konnte am Ende auch deutlich Nazar erkennen, das Blaue Auge, das vor dem Bösen Blick schützt. In meinen Händen hat sich ein Schraubenschlüssel und ein Schneckenhaus gezeigt. Es war ein sehr hoch geschraubtes Schneckenhaus, dessen Spirale sehr ausgeprägt und spitz war. Wie ein hohes, sehr filigranes Türmchen. Ich könnte mir vorstellen, dass es von sehr kleinen, zierlichen Ornamenten geziert war. Der Schraubenschlüssel war dagegen sehr klar und schlicht. Silbernes Metall, ohne viele Schnörkel. Einfach und zweckdienlich.

Ergänzende Symbolik. Der Frühling.

Der Frühling ist mehr als eine Jahreszeit. Er ist ein archetypischer Moment im Zyklus des Lebens, in dem das Unsichtbare Form annimmt. Er steht für das Wiedererwachen der schöpferischen Kräfte, für Vertrauen in Prozesse, deren Ausgang noch nicht bekannt ist. Mystisch betrachtet verkörpert der Frühling den Übergang zwischen Potenzial und Manifestation: Die Erde taut auf, das bedeutet, dass das Starre und Gefrorene (Kontrolle, Angst, Festhalten) sich löst. Die Samen, die im Dunkeln des Winters ruhten, beginnen zu keimen. Das für das Auge unsichtbare wird lebendig.

Die ersten Triebe wissen nicht, ob die Sonne sie erwärmen oder ein Spätfrost sie treffen wird, und doch wachsen sie. Diese Qualität ist zutiefst weiblich und schöpferisch. Sie verlangt Hingabe, Vertrauen und ein Zulassen von Verletzlichkeit. Der Frühling erinnert dich daran, dass Wachstum immer mit einem Moment der Ungewissheit verbunden ist. Und dass genau darin der Zauber des Lebens liegt. Er lädt dich ein, dich wie die Erde zu öffnen: bereit, die Gaben zu empfangen, die das Leben dir schenkt. Auch wenn du noch nicht weißt, was daraus wachsen wird.

Wo in mir möchte etwas Neues keimen, das ich noch nicht erkenne? Und wie kann ich ihm den Boden bereiten, statt es zu kontrollieren?
Ich spüre, auch im für mich gerade beginnenden Schöpferischen Prozess, dass meine Kreativität erwacht. Sie könnte zum jetzigen Zeitpunkt viele Formen annehmen. Die bewusste Auseinandersetzung mit meiner Kunst und kreativen Kraft, mich als einen Kanal für das schöpferische Sein zu erfassen, ist etwas verunsichernd und doch ganz vertraut. Ich habe keine Ahnung, welche Gestalt es annehmen wird. So vieles ist zu diesem Zeitpunkt möglich und stellenweise fast undenkbar. Aber ich spüre den Sog und folge auf diesem unbekannten Pfad einer zarten Lichtspur, im Vertrauen, dass ich geführt werde.

Kann ich das Zarte, das gerade erst entsteht, schützen, ohne es zu ersticken, wie der Frühling mit Sonne und Regen zugleich nährt?
Das Bild des Frühlings hilft mir, denn dieser ist auch nicht immer sofort wirtlich. Und doch kommt mit dem zunehmenden Licht das Leben zum Vorschein, auch wenn der kalte Regen noch nicht zu vergleichen ist mit dem, was der Sommer zu bieten hat. Ich werde mit dem Vergleich zum Frühling mutig, denn ich erkenne, dass das Wachstum auch schon einsetzen kann, wenn noch nicht so viel im Außen sichtbar wird. Erst geschieht es im Verborgenen. Dort, wo die Kräfte sich in der langsamen Zeit zurückgezogen und gebündelt haben. Um jetzt, da das Licht zurückkehrt, mit voller Kraft das Leben zu bejahen und einem inneren Ruf zu folgen, der nicht hinterfragt, sondern begrüßt wird.

In uns erwacht eine neue Schöpferkraft, die sich noch nicht in Formen fassen lässt. Und gerade darin liegt ihre Reinheit. Wir beginnen, uns selbst als Kanal des Lebens zu begreifen, der nicht wissen muss, was entstehen wird, um schöpferisch zu sein. Vertrauen ersetzt Kontrolle. Wie im Frühling bahnt sich das Neue seinen Weg aus dem Unsichtbaren ins Sichtbare. Zart und tastend, aber mit unaufhaltsamer Kraft. Auch wenn das Umfeld noch nicht beständig scheint, wächst in uns bereits das Ja zum Leben. Wir erkennen, dass Schutz nicht verengtes geborgen sein bedeutet, sondern liebevolle Begleitung. Das Zarte darf sich entfalten, weil wir ihm Raum geben, ohne es zu formen.

In dieser Hingabe wird das Unbekannte zum Vertrauten. Und damit werden wir selbst zum Boden, auf dem das Neue Wurzeln schlägt.