Hingabe an das Leben.

Hingabe an das Leben.

Vertrauen in das Unsichtbare.

Die dritte Sequenz widmet sich dem Vertrauen in das Unsichtbare. Was geschieht, wenn wir uns vom Fluss des Lebens tragen lassen, statt alles kontrollieren zu wollen?

Tag 22. Kontrolle aufgeben.

Impuls: Was versuche ich festzuhalten, obwohl es sich wandeln will?
Aufgabe: Nimm dir wie gewohnt zehn Minuten Zeit und schreibe auf, wo du den Sog in das Neue bereits spürst, aber mit Widerstand dagegen hältst, um das Gewohnte festzuhalten.
Ergänzung: Finde ein Symbol in deinem Setting, greife es inhaltlich auf und deute es dem Kontext entsprechend.

Ich glaube, was ich jetzt spüre ist, wie ich doch verharre und der Bewegung etwas entgegensetze. Ich spüre aus der Ferne diese schwebende Leichtigkeit, die in fließenden Bewegungen durch die Luft tanzt. Ich denke, ich setze dem Raum zu viele Grenzen. In Anbetracht der unermesslichen Weite platziere ich Begrenzungen, um ein Gefühl der Sicherheit zu induzieren. Falsche Sicherheit. Verräterische Sicherheit. Ich destabilisiere, wenn ich statt der Fokuspunkte, die ich erfasse, darin eine Begrenzung manifestieren möchte. Mein Blick haftet aber nicht an Barrieren, sondern Optionen. Wenn ich es versäume, auf den inneren Takt zu lauschen, laufe ich Gefahr, mich dem Drill des Ausgedienten hinzugeben. Setze deine Blumenkrone auf. Kind, und tanze wieder zum Lied der Freiheit. Niech Żyję Wolność i Swoboda. Ein Gewandt, mit dem du dich nur selbst bekleiden kannst. Schaue nicht in die Ecken der anderen, dort wirst du nur schwerlich etwas finden, das es so noch nicht gab. 

Wer führt denn die Hand des Pinsels? Bitte um Führung, aber bewahre dich vor Verführung. Finde deine Kunst und nähre sie. Denn sie ist die Speise, die deine Seele verköstigt. Der Sog des Alten hat sich gezeigt und ich habe kurz nachgegeben. Führung von Verführung zu unterscheiden ist schwierig. Wenn Freiheit das Ziel ist, dann ist Bindung vielleicht ein Impuls, den der Goldfisch leichter verständlich machen kann.

Ergänzende Symbolik. Der rote Goldfisch.

Der rote Goldfisch als Symbol ist dabei äußerst sprechend – er verbindet Begrenzung (das Aquarium, das Element Wasser) mit Schönheit, Bewegung, Vitalität und dem Schimmer des Lebendigen. Er ist ein Wesen, das innerhalb seiner Begrenzung frei zu schwimmen lernt, das nicht gegen das Glas ankämpft, sondern durch Bewegung im gegebenen Raum seine Kraft erhält. Der Goldfisch steht für Glück, Vitalität, Lebensfreude und Reichtum – in östlicher Symbolik auch für spirituelle Fülle und Harmonie. Das Wasser ist sein Element. Das Unbewusste, das Emotionale, das Fließende. Seine Farbe, das Rot, trägt Feuer in das Wasser hinein: Leidenschaft, Schöpfungskraft und Lebenswille.

Der rote Goldfisch bringt Feuer in die Tiefe. Er zeigt dir, dass Hingabe nicht bedeutet, die Flamme zu löschen, sondern sie im Wasser des Lebens tanzen zu lassen.
Er lehrt dich, Freiheit nicht im Verlassen der Begrenzung zu suchen, sondern in der Weichheit der Bewegung innerhalb dessen, was ist. Er erinnert dich daran, dass Kontrolle oft aus Angst vor Tiefe entsteht. Und dass Tiefe selbst trägt, wenn du dich ihr anvertraust.

Wie kann ich lernen, mich in der Begrenzung frei zu bewegen, statt sie zu bekämpfen?
Wenn ich anerkenne, dass ich es bin, die diese Begrenzungen setzt, kann ich mich bewusst fragen, ob sie sinnvoll sind und mich unterstützen oder meinen Weg an dieser Stelle unnötig unterbrechen. Vielleicht ist der jeweils als Grenze erblickte Fixpunkt auch eine Zwischenetappe, die mir Orientierung schenkt. Wenn ich diese Punkte auch als solche im Innern anlege, und nicht als durchgezogene Linie, kann ich das Gefühl der Freiheit auch wieder vergrößern. Dann kann ich, wenn das Gefühl es veranlasst, auch an dem ein oder anderen Fixpunkt vorbeisausen, weil der Schub und der Wille es gerade hergeben. Wenn ich dann im Umkehrzug feststelle, dass ich an einem Punkt hafte, wird es helfen, mir dieses Heften als Entscheidung ins Bewusstsein zu rufen. Um dann mit der Frage anzuschließen: Bin ich hier fertig und bereit, weiter zu fließen, oder dient mir das Verharren auf einer essenziellen Ebene? Bejahe ich das Letztere, kann ich dankbar auf das Verharren blicken und den Kampf gegen diese Notwendigkeit aufgeben.

Wie kann meine innere Flamme im Wasser des Lebens weiterleuchten, ohne es zu verdampfen?
Wenn ich mir bewusst mache, dass diese Elemente sich nicht ausschließen sondern ergänzen, wird keines von beidem vom jeweils anderen bedroht sondern in eine ewige Symbiose gebracht. Das strahlende Licht bringt das fließende Wasser zum Leuchten. Das Wasser wiederum bricht den Lichtschein in seiner Bewegung und bringt zauberhafte Facetten zum Ausdruck.

Wir erkennen tiefes Bewusstsein für Selbstverantwortung. Wir erkennen, dass Begrenzungen nicht zwangsläufig Fesseln sind, sondern auch als Zwischenetappen oder bewusste Fixpunkte dienen können. Wir öffnen uns der Möglichkeit, innerhalb des Gegebenen Freiheit zu erfahren. Das ist genau der Kern des Loslassens von Kontrolle. Nicht die äußere Struktur zerstören, sondern innerlich weich werden.

Wir finden hier eine sehr reife Balance zwischen Gegensätzen. Das Bild von Feuer und Wasser als sich ergänzende Elemente statt als Gegner zeigt, dass wir bereits vom mentalen Ringen in die schöpferische Integration übergehen. Wir beschreiben Hingabe als schöpferische Kooperation mit dem Leben. Und das ist essenziell für die dritte Sequenz („Vertrauen in das Unsichtbare“).

Diese Reflexion trägt klar den Ton von Bewusstwerdung statt Widerstand. Wir sind nicht mehr im Analysieren, sondern im Erleben und Integrieren. Der Goldfisch als Symbol für das Fließen im eigenen Element ist brillant gewählt. Er verkörpert genau das Paradox, das wir zu lösen beginnen: Freiheit im Rahmen, Feuer im Wasser, Hingabe ohne Selbstverlust.