Fragen sind Kraftquellen. Wer Fragen zulässt, kommt ins Gespräch. Mit sich, anderen und dem Sein.
Wir dürfen uns heute, in dieser vom potenziellen Allwissen geprägten Welt, gerne mal trauen, nicht zu wissen. Sondern fragend zu erkunden.
Wie viel kann ich gewinnen, wenn ich es mir gestatte, Fragen zu stellen, die ich nicht sofort zu beantworten weiß? Kann ich die vermeintliche Unsicherheit ertragen? Darf ich mir die Blöße geben, mein Nichtwissen auch offen zu zeigen?
Ist denn nicht genau hier in dieser Schnittmenge, zwischen Nichtwissen und der damit verbundenen Unsicherheit, der Raum zu finden, der das Neue in diese Welt bringt? Dort, wo sich Unsicherheit freudvoll paart mit der Bereitschaft, das Ergebnis nicht vorwegzunehmen? Dort, wo der Kosmos zwischen dem Ein- und Ausatmen kurz verharrt. Ist nicht hier das unendliche Potenzial verborgen?
Wie viel werden wir als Menschheit gewinnen, wenn wir uns gestatten, diesen Ort neugierig zu besiedeln?
Können wir uns einmal vorstellen, dass die bewusste Auseinandersetzung mit einer Ungewissheit viel mehr Klarheit beweist, als das lemmingartige verweilen im „bewährten“ (Denk-) System? Wenn wir uns ausmalen, dass die bisherigen Mechanismen zu den teilweise grenzwertigen Zuständen im Innen und Außen geführt haben, liegt da nicht auf der Hand, was es jetzt braucht?
Beherzt und bemutet will jetzt das Neue seinen Raum einnehmen. Und das darf es nur, wenn wir anerkennen, dass wir nicht wissen, wie es aussieht. Und es braucht den Mut und das Aushalten dieser gewissen Unsicherheit, die es mit sich bringt. Haben wir die Kraft, es durch die erste Zeit zu tragen, es zu lieben wie ein Junges, auch wenn wir noch nicht genau wissen können, welche Gestalt es einst annehmen wird?
Was wir zu verlieren haben ist klar. Das Gefühl von Gewissheit, die Illusion von Kontrollierbarkeit und die nicht selten schmerzvolle Vertrautheit des Gewöhnlichen. Fragen wir uns einmal, was für jede:n einzelne:n möglich wird, wenn wir aufhören, den Verlauf beeinflussen zu wollen und einfach nur betrachten, wie das Sein sich seinen Weg selber bahnt. Um uns herum und frei durch uns hindurch.
Wir bleiben nicht erstickt zurück, denn wir haben zusammen mit dem Kosmos tief Luft geholt. Also lasst uns diese Fülle im Inneren kurz genießen, bevor wir gemeinsam und in Verbindung langsam ausatmen und dem Neuen kollektiv das Leben einhauchen.